Dauerwelle in München und der Wahn um den Hype!
Was vor bereits 50 Jahren einer der größten Trends aller Zeiten war und weshalb noch 20 Jahre danach Männer und Frauen vor den Läden vor Öffnungszeit stritten, soll wieder Trend werden und die Frisur der Menschen erneut definieren…
Dauerwelle in München und der Wahn um den Hype!
Es war früh am Morgen, als zwei ältere Damen vor einem Friseursalon in Streit gerieten, wer zuerst angekommen war.
Zu diesem Zeitpunkt war ein Termin beim Friseur noch undenkbar. Dreißig Jahre später hat sich in der kleinen Stadt an der ligurischen Küste, in der ich geboren und aufgewachsen bin, nicht viel verändert. Zeitplanungen dieser Art sind vor allem in Großstädten und modernen Zentren verbreitet.
Es hat viele Jahre gedauert, bis sich dieser Service durchgesetzt hat und auch in modernen Umgebungen etabliert wurde. Im Jahr 2023 wollen renommierte Zeitschriften tatsächlich die Rückkehr längst vergangener Zeiten erklären. Das, was vor bereits 50 Jahren einer der größten Trends aller Zeiten war und weshalb noch 20 Jahre danach Männer und Frauen vor den Läden vor Öffnungszeit stritten, soll wieder Trend werden und die Frisur der Menschen erneut definieren. Die Dauerwelle!
Um die unterschiedlichen Perspektiven zu verstehen, betrachten wir das Thema mit etwas Abstand.
Vor 30 Jahren hieß es schon: Der Kunde ist König.
Diese Haltung sollte sich im Salon nicht geändert haben, denn grundsätzlich geht es darum, dem Kunden eine entspannte, ehrliche und kraftvolle Realität zu bescheren. Es geht darum, dem Menschen den Weg zum wahren Selbst zu ermöglichen, damit er sein Wesen in höchster Form erleben kann. Gute Friseure, Stylisten, Berater oder Coaches schaffen dies durch die Werkzeuge, die sie anhand ihres Berufs erlernt haben. Der Zweck einer schönen Frisur, eines schönen Make-ups oder eines Umstylings besteht darin, dem Menschen zu helfen, seine wahre Stärke zu erlangen.
Top-Friseure haben erkannt, dass es um mehr geht als nur um Naturprodukte und Nachhaltigkeit.
Dieser Trend hat sich in den letzten Jahren immer mehr durchgesetzt. Der Slogan „Back to nature“ bedeutet, den Weg zu sich selbst zu finden, die eigene Individualität zu stärken und auszuleben. Das, was in der Unternehmensführung als Alleinstellungsmerkmal bezeichnet wird, sind die eigenen Stärken, Eigenschaften, Potenziale und der eigene Charakter, die erkannt und ungebremst ausgelebt werden sollten.
Noch im 18. Jahrhundert trugen die sogenannten Adeligen weiße Perücken, die in den kunstvollsten Formen geschnörkelt waren. Sie ähnelten durch ihre Aufmachung den Kronen, die Königinnen und Könige trugen und beabsichtigten dadurch, den Status eines Menschen zu definieren. Ja, das wissen wir doch, Kleider machen Leute, damals die Frisuren auch! Doch mit der Industrialisierung hat sich viel verändert. Die Menschen haben ihre Gewohnheiten geändert und die Mode hat sich angepasst. Es gab keine Kronen oder Perücken mehr, durch die sich Frau oder Mann hätte profilieren können. Da kam die Dauerwelle ins Spiel.
Gerade dieser Punkt ist wirklich sehr wichtig. Denn letztendlich, mit der durch die neu entstehende politische Richtung – es dauerte noch Jahrzehnte, bis das Volk in Europa seine Freiheit erlangen konnte – wollte der Mensch weg von Vorurteilen, Vorgaben, Sklaverei oder Massenbestimmung.
Der Mensch hatte sich endlich selbst erkannt und wollte sich deshalb selbst erleben und kennenlernen. Er selbst sein!
Diese Intention spiegelte sich auf vielen Ebenen wider. Es gab eine experimentelle Phase – wir brauchen da nur an die 50er und 60er Jahre zu denken und alles, was damals als modern bezeichnet wurde. Doch der Weg sollte noch lang sein, denn der Mensch hat immer noch den Drang, alles auszuprobieren, was ihm zur Verfügung gestellt wird. Das ermöglichte einerseits das Erkunden vieler Möglichkeiten, die viele Personen zu der Zeit zu Ikonen machte, andereseits schränkte es aber die Fähigkeiten anderer ein, die sich auf die Bequemlichkeit des „Vorhandenen“ verließen. Aber egal ob musikalisch, literarisch, technisch, etc., es wurde einfach ausprobiert und ausgelebt.
Im Jahr 2024 merken wir, dass diese Phase immer noch nicht vorbei ist. Es sind weiterhin der Besitz von Autos, Smartphones, Häusern und alltäglichen Gegenständen, sowie die trendigen Modeerscheinungen und sogar die diktierte Verhaltensweise, die das Werkzeug zur Profilierung eines Individuums geworden sind.
Ich vergleiche es gerne mit einer Gewächshausblume. Diese Blume wird aus genetisch veränderten Samen in einer künstlich simulierten Umgebung innerhalb eines geschlossenen Raumes gezüchtet. Denn sie hat bestimmte Vorgaben zu erfüllen und der einfachste Weg, um diese Vorgaben zu erreichen, ist die Kontrolle über die Umstände. Passt sie nicht dazu, wird sie entsorgt.
Genau aus der Angst „entsorgt“ zu werden, handeln viele Menschen und sind dazu bereit, sich anzupassen, sich aufzugeben.
Lange Rede, kurzer Sinn:
Warum Dauerwelle aus der „Mode“ gefallen ist, ist nicht allein die Tatsache, dass es neue Moden gab, sondern auch die Tatsache, dass die Menschen den Weg zu sich selbst erkannt haben, den Weg „back to nature“. Wer eine Dauerwelle machen möchte, entfernt sich automatisch von seinem natürlichen Selbst und erlaubt, dass seine Individualität durch eine Vorgabe übernommen wird. Abgesehen davon, dass egal was die Hersteller dieser Produkte erzählen mögen, die Behandlung durch die dazu notwendige Säure, für Haar und dadurch für den Menschen definitiv nicht gut ist.
Wenn du wirklich besonders aussehen willst, sei einfach du selbst.
